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Über das neue Arbeitsgesetzbuch (*)

Neues Arbeitsgesetzbuch Ungarn
23.07.2012

Das neue ungarische Arbeitsgesetzbuch (Gesetz Nr. I. aus dem Jahre 2012) ist am 1. Juli 2012 in Kraft getreten. Nachstehend fassen wir kurz die wichtigsten Änderungen zusammen:

Überstunden

Die erlaubte Jahreshöchstgrenze der außerordentlichen Arbeitsverrichtung wurde von 200 auf 250 Stunden erhöht. Im Kollektivvertrag kann diese Grenze bis auf max. 300 Stunden erweitert werden. Vorher konnte der Arbeitgeber selbst entscheiden, ob die geleisteten Überstunden bezahlt oder durch zusätzliche Freizeit kompensiert werden. Seit 1. Juli 2012 muss die Form der Überstundenkompensation im Kollektivvertrag oder in der Vereinbarung der Parteien geregelt werden.

Kündigung

Das Arbeitsverhältnis kann in gegenseitigem Einvernehmen, mit Kündigung oder mit fristloser Kündigung beendet werden. Die Kündigung muss weiterhin begründet werden. Kündigungsgründe können – in Bezug auf das Arbeitsverhältnis betrachtet – das Benehmen des Arbeitnehmers, seine Fähigkeiten oder betriebliche Gründe des Arbeitsgebers sein. Das Arbeitsverhältnis kann durch einfache Kündigung während der Schwangerschaft und der Karenzzeit nicht beendet werden. Der Arbeitgeber kann unter der neuen Regelung in den 5 Jahren vor dem Ruhestandsalter eines Arbeitsnehmers die Kündigung dann aussprechen, wenn der Arbeitnehmer gegen seine wesentlichen Verpflichtungen absichtlich oder mit grober Fahrlässigkeit verstößt. Der Arbeitgeber kann die Kündigung auch während des Krankenstandes mitteilen, die Kündigungsfrist wird aber nur ab dem ersten Tag nach dem Krankenstand gerechnet.

Bei rechtswidriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitgeber zum Schadenersatz verpflichtet, die Entschädigung kann aber den 12-monatlichen Nichtleistungslohn des Arbeitnehmers nicht überschreiten. Der Arbeitnehmer kann nur in Ausnahmefällen die Rückversetzung in sein früheres Aufgabengebiet beanspruchen, z.B. bei Diskrimination.

Urlaub

ie Urlaubseinteilung wird grundsätzlich weiterhin durch den Arbeitgeber bestimmt. Allerdings müssen 7 Arbeitstage pro Jahr nach dem Wunsch des Arbeitnehmers eingeteilt werden. Eine wesentliche Neuerung ist, dass der Arbeitgeber – mit Zustimmung des Arbeitnehmers – berechtigt ist, ein Drittel der Urlaubstage in das nächste Jahr zu übertragen, welche dann bis zum Ende des nachfolgenden Jahres konsumiert werden müssen. Der Arbeitnehmer muss seinen Urlaubsanspruch spätestens 15 Tage vor Urlaubsbeginn melden. Die Regelung, wonach der Arbeitnehmer diese Frist unter besonderen Umständen nicht einhalten musste, wurde abgeschafft.

Schichtarbeitszuschlag

Bei Schichtarbeit wurde statt dem bisherigen Nachmittags- und Nachtzuschlag ein einheitlicher 30%iger Schichtarbeitszuschlag eingeführt. Dieser Zuschlag muss für die Arbeit zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens bezahlt werden, wenn sich der Zeitpunkt des vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsbeginns regelmäßig ändert.

Für die Einstufung als „Mehrschichtarbeit” ist nicht mehr notwendig, dass die Arbeitnehmer tatsächlich in Schichten beschäftigt werden. Es ist ausreichend, dass die Gesamtbetriebsdauer des Arbeitsgebers 80 Stunden pro Woche erreicht.

Nichtleistungslohn / Abwesenheitsgebühr

Der Begriff des Durchschnittslohns/gehaltes wird nicht mehr verwendet. Die Abfertigung und der Lohnanspruch bei rechtswidriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden nunmehr aufgrund der sog. Abwesenheitsgebühr (Nichtleistungslohn) berechnet. Bei der Berechnung des Nichtleistungslohnes müssen zukünftig der Grundlohn, die Leistungsentlohnung der letzten 6 Monate und die Lohnzuschläge berücksichtigt werden.

Haftung des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer haftet für eine fahrlässige Schadensverursachung mit 4 Monatsgehältern statt den bisherigen 1,5 Monatsgehältern. Bei absichtlicher Schädigung besteht weiterhin die vollständige Haftung für den entstandenen Schaden.

Für die Abdeckung der Entschädigungsansprüche des Arbeitgebers wurde die sog. „Arbeitnehmer-Sicherheitsleistung“ neu eingeführt. Diese kann von jenen Arbeitnehmern verlangt werden, die selbst Geldtransaktionen durchführen (z.B. Kassier) oder die die Arbeit solcher Personen überwachen. Das Höchstmaß der Sicherheitsleistung beträgt einen Monatsgrundgehalt des Arbeitnehmers.

Die Führungskräfte werden in der Zukunft mit ihrem ganzen Vermögen haften. Bisher war diese Haftung auf 12 Monatsgehälter beschränkt.

Führungskräfte

Die Voraussetzungen für die Einstufung eines Mitarbeiters als Führungskraft werden nun strenger. Zukünftig können nur solche Angestellte als Führungskraft bestellt werden, deren Aufgabenbereich entweder von hervorragender Bedeutung ist, oder durch ein verstärktes Vertrauensverhältnis gekennzeichnet wird. Eine weitere Voraussetzung für die Einstufung ist gehaltsabhängig, da der Grundlohn von Führungskräften das 7-fache des Minimallohnes erreichen muss.

Leiharbeit (Arbeitskräfteüberlassung)

Die Dauer der Leiharbeit darf 5 Jahre nicht überschreiten. Die Entlohnung der Leiharbeitnehmer muss dem Lohn und sonstigen Zuwendungen der unmittelbaren Angestellten des Entleihers entsprechen. Diese Vorschrift ist ab dem 184. Tag der Überlassung anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer beim Leiharbeitsunternehmen auf unbestimmte Zeit angestellt wird und ihm auch für die Zeiten eine Entlohnung zusteht, wenn er nicht verliehen wird. Diese Verschärfung basiert auf der EU-Richtlinie Nr. 104/2008 über die Leiharbeit.

Nachvertragliches Konkurrenzverbot

Für den Zeitraum des Konkurrenzverbotes nach der Vertragskündigung muss zumindest ein Drittel des früheren Gehaltes gezahlt werden. Dies war vorher gesetzlich nicht geregelt; in der Rechtsprechung wurde üblicherweise die Hälfte des Gehaltes angewendet.

(*) Unsere Zusammenfassung über das neue Arbeitsgesetzbuch wurde in Mitwirkung mit der Anwaltskanzlei Bánki & Partner in Kooperation mit TaylorWessing e|n|w|c erstellt. Kontakt: Dr. Orsolya Bánki, o.banki [at] taylorwessing.com, www.taylorwessing.com

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