Kernpunkt der Änderungen im Kartellgesetz[1] stellt die Umsetzung der EU-Schadenersatzrichtlinie dar. Diese Umsetzung hätte zwar bereits bis 27.12.2016 erfolgen müssen. Da dies aber nicht rechtzeitig erfolgt ist, wurden die einschlägigen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen im Kartellgesetz nunmehr rückwirkend mit 27.12.2016 in Kraft gesetzt. Die für die Praxis wesentlichen Änderungen des Kartellgesetzes sind:
· Einfügung eines neuen Abschnitts über den Ersatz des Schadens aus Wettbewerbsrechtsverletzungen (sogenanntes Private Enforcement). Darin wurden folgende Regelungen normiert:
· Entgegen der bisherigen Rechtslage müssen nunmehr nicht nur stattgebende, sondern auch ab- und zurückweisende Entscheidungen des Kartellgerichts veröffentlicht werden[12].
· Die bislang beim OLG Wien geführte gesonderte Liste für Sachverständige in Kartellangelegenheiten wurde aufgelassen. Nunmehr wurde ein eigenes Fachgebiet „Wettbewerbsökonomie“ in der Fachgruppe Steuerwesen, Rechnungswesen, Wettbewerbsökonomie geschaffen, in der sich Sachverständige für Kartellangelegenheiten eintragen lassen können. Diese unterliegen damit der Qualitätskontrolle durch regelmäßige Rezertifizierungen. Die Listenführung für das Fachgebiet Wettbewerbsökonomie obliegt der Präsidentin des Handelsgerichts Wien für das gesamte Bundesgebiet[13].
· Den Bedenken, dass kartellgerichtliche Entscheidungen häufig durch Sachverständigen-Gutachten geprägt sind, die kaum überprüft werden können, versucht das Gesetz dadurch zu begegnen, dass dem Kartellobergericht die Möglichkeit eingeräumt wurde, bestimmte qualifizierte Feststellungsmängel im Rekursverfahren zu überprüfen[14].
Trotz der umfangreichen neuen Regelungen zur privaten Rechtsdurchsetzung von Schadenersatzklagen infolge von Wettbewerbsverletzungen mangelt es dem KartG weiterhin an einer praktikablen Anleitung zur Feststellung der Schadenshöhe aus einer Wettbewerbsverletzung. Der Schaden bemisst sich an der Differenz zwischen dem konkret unter Wettbewerbsverletzungen verrechneten Preis und dem bei funktionierendem Wettbewerb sich ergebenden hypothetisch „richtigen“ Preis. Allerdings hat die Betriebswirtschaftslehre bislang keine anerkannte Methode zur Ermittlung des „richtigen Wettbewerbspreises“ entwickeln können. Weder die Schadenersatzrichtlinie der EU noch die Kartellrechtsnovelle sind dabei dienlich.
[1] BGBl I 56/2017 vom 24.4.2017
[2] § 37c KartG
[3] § 37d KartG.
[4] § 37e KartG.
[5] § 37e Abs 3 KartG.
[6] § 37f KartG.
[7] § 37h KartG.
[8] § 37i KartG.
[9] § 37j KartG.
[10] § 37l KartG.
[11] § 37m KartG.
[12] § 37 Abs 1 KartG.
[13] § 73 KartG.
[14] § 49 Abs 3 KartG.